Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ

 

§ 126 (Auszug) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

§126a BGB

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.

§ 138 BGB

1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

§ 305 (Auszug) BGB

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungeneinen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

§ 307 (Auszug) BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. …
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …

§ 630c Abs. 3 BGB

(3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt.

§ 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 138 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

§ 15 (Auszug) Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG)

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Entgelte für zahnärztliche Leistungen zu regeln. … Dabei ist den Berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.

§ 1 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ)

Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Zahnärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.

§ 2 Abs. 1 und 2 GOZ

(1) Durch Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Absatz 1 Satz 2) oder eines abweichenden Punktwertes (§ 5 Absatz 1 Satz 3) ist nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung nach Satz 1 abhängig gemacht werden.
(2) Eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Zahnarztes schriftlich zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Zahnarzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.

§ 5 Abs. 2 (Auszug) GOZ

Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein.

§ 10 Abs. 1 (Auszug) GOZ

 

Die Vergütung wird fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung nach der Anlage 2 erteilt worden ist.

I. Ausgangslage

Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) stellt eine Marktverhaltensregel gemäß § 3a UWG dar. Ihre Aufgaben bestehen darin, einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen Zahnärzten zu verhindern, um ein funktionierendes Gesundheitswesen zu erhalten (vgl. u.a. LG Frankfurt a. M. Az.: 2-06 O 45/15 vom 21.07.2016). Gleichzeitig sollen die berechtigten Interessen von Zahnärzten und Zahlungsverpflichteten (§ 15 Satz 3 ZHG) berücksichtigt werden. Die GOZ bietet zwei Mechanismen zur Festlegung zahnärztlicher Gebühren:

 

1. Die Bemessung des Gebührensatzes anhand der Kriterien Schwierigkeit, Zeitaufwand und Umstände der Leistungserbringung gemäß §5 Abs. 2 GOZ.

2. Die Vereinbarung der Gebührenhöhe vor der Leistungserbringung auf Grundlage von §2 Abs. 1 und 2 GOZ.

 

Die Bemessungskriterien des § 5 Abs. 2 GOZ berücksichtigen nicht die wirtschaftliche Entwicklung. Diese Aufgabe übernimmt der Punktwert laut Amtlicher Begründung zur GOZ '88 (Bundesratsdrucksache 276/87 vom 26.06.1987, Seite 68). Der Punktwert wurde seit über drei Jahrzehnten nicht an die allgemeine Preis- und Wertentwicklung angepasst, obwohl der Verbraucherpreisindex seit 1988 um etwa 80% gestiegen ist (Quelle: Statistisches Bundesamt, Wertsicherungsrechner, 2021).

 

Diese Unterbewertung betrifft nicht nur unveränderte Leistungen, sondern auch neu aufgenommene Leistungen. Die Notwendigkeit einer Anpassung zeigt sich darin, dass mittlerweile mehr als 80 unter sozialversicherungsrechtlichen Aspekten dotierte BEMA-Leistungen besser vergütet werden als vergleichbare GOZ-Leistungen zum 2,3-fachen Steigerungssatz (Quelle: „ ... weniger als Bema“, LZK Westfalen-Lippe, Stand April 2021).

 

Um die wirtschaftliche Entwicklung auszugleichen, bleibt nur die Anwendung des § 2 Abs. 1 und 2 GOZ, da § 1 GOZ Zahnärzte bei der Gebührenfestlegung zwingend an die GOZ bindet, sofern durch Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist.

II. Zustandekommen

Eine Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ erfordert eine persönliche Absprache zwischen Zahlungspflichtigem und Zahnarzt. Obwohl laut Amtlicher Begründung zur Änderung der GOZ (Bundesratsdrucksache 566/11 vom 21.09.2011, Seite 42) der Zahnarzt vertreten sein kann, ist eine vollständige Delegation der Absprache aufgrund von § 2 Abs. 2 Satz 1 nicht möglich.

 

Es ist zu beachten, dass der Zahlungspflichtige nicht zwangsläufig identisch mit dem Patienten ist. Bei der Behandlung eines minderjährigen Patienten ohne eigenes Einkommen und Vermögen ist eine Absprache und Vereinbarung mit dem Unterhaltsverpflichteten erforderlich.

 

Teilweise wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass im Rahmen dieser Absprache der Zahnarzt mit dem Zahlungspflichtigen über den vorgesehenen Steigerungssatz verhandeln sollte und ggf. dessen Vorstellungen akzeptieren sollte. Allerdings zeigen Entscheidungen wie die des OLG Hamm (Az.: 3 U 26/00 vom 29.05.2002) und des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 1437/02 vom 25.10.2004), dass eine solche Vorgehensweise die Berufsausübungsfreiheit erheblich einschränkt.

 

Das AG Düsseldorf (Az.: 33 C 10350/13 vom 19.05.2014) stellt klar, dass es nicht auf die individuelle Aushandlung ankommt. Das Bundesverfassungsgericht und das AG Düsseldorf vertreten die Auffassung, dass es realitätsfern ist, die Preisbildung zahnärztlicher Leistungen den Vorstellungen eines in wirtschaftlichen Belangen einer zahnärztlichen Praxis Unkundigen zu unterwerfen.

 

Die persönliche Absprache spielt jedoch eine erhebliche Rolle für die Wirksamkeit der Vereinbarung. Gemäß § 307 BGB ist die Überschreitung des Gebührenrahmens in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam, da wesentliche Bestimmungen der GOZ abgewichen wird. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind einseitig festgelegte Regelungen, die in identischer Form in vielen Fällen zur Anwendung kommen.

 

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen darf der in § 5 Abs. 1 GOÄ festgelegte Gebührenrahmen nicht überschritten werden.“ (Bundesgerichtshof Az.: VIII ZR 51/91 vom 30.10.1991)
Bereits die persönliche Absprache scheint jedoch geeignet, eine Vereinbarung nach § 2 Abs.1 und 2 GOZ zu einer Individualvereinbarung zu machen, die eine solche Abweichung gestattet:

Der Senat kann daher zugunsten der Beklagten unterstellen, dass Dr. … hinsichtlich der Höhe einzelner Steigerungssätze nicht verhandlungsbereit war (ist). Dies schließt das Vorliegen einer Individualabrede hier nicht aus, da es letztlich Sache des Zahnarztes ist, ob er für ein bestimmtes Entgelt bereit ist, tätig zu werden. Eine Individualabrede liegt vielmehr bereits dann vor, wenn die Gebührenabrede im Hinblick auf eine konkret vorgesehene Behandlung nach individueller Besprechung der Parteien des Behandlungsvertrages getroffen wurde. Eine solche Erörterung ist grundsätzlich geeignet, den für eine Vielzahl von Behandlungsfällen vorgesehenen Vertragsbedingungen ihre Allgemeinheit zu nehmen und die für ihre Rechtswirksamkeit erforderliche Individualität zu geben.“ (OLG Düsseldorf Az.: I-4 U 70/17 vom 25.10.2019).

Nicht geeignet als Beleg für das Vorliegen einer Individualvereinbarung ist hingegen deren vollständig handschriftliche Ausfertigung:

„Der denkbare Einwand, dass eine Individualabrede doch nach wie vor dort geschlossen werden kann, wo der Zahnarzt nicht auf vor der Behandlung abgefasste Formulare zurückgreift, sondern vor den Augen des Patienten ein Schriftstück neu schreibt, führt insoweit nicht weiter. Eine solche Vorgehensweise ist praxisfern. Die Gebührenordnung selbst, die davon spricht, dass dem Patienten ein "Abdruck" des "Schriftstücks" auszuhändigen sei, macht dies deutlich. Es ist auch nicht erkennbar, inwiefern dieser Vorgang Patientenrechte stärken könnte.“ (BVerfG Az.: 1437/02 vom 25.10.2004)

Ohnehin ist eine besondere Schriftart gemäß § 305 BGB nicht dazu geeignet, geschäftlichen Vereinbarungen die Allgemeinheit zu nehmen.

 

Quelle: Bundeszahnärztekammer